Die Kommission für Provenienzforschung trauert um Leonhard Weidinger

 

Wir trauern um unseren langjährigen Freund und Kollegen Leonhard Weidinger, der am 22. September 2023 nach langer, schwerer Krankheit verstorben ist.

1969 in Linz geboren, begann Leonhard Weidinger seine akademische Laufbahn 1987 mit einem Architekturstudium an der TU Wien und wechselte 1992 an die Universität Wien, um dort Geschichte und eine Fächerkombination aus Politikwissenschaft, Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sowie Zeitgeschichte zu studieren. Nach seinem Abschluss als Magister der Philosophie war er zunächst als Produktionsleiter in der Video- und Multimedia-Branche tätig; als Historiker und Digital Media Producer machte er sich 2001 selbstständig. 2005 begann sein Weg als Provenienzforscher im MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst in Wien für die Kommission für Provenienzforschung. Seither war Leo ein unentbehrlicher Teil der österreichischen Provenienzforschung und bald darüber hinaus der internationalen Forschungscommunity. Er verfasste zahlreiche Forschungsdossiers über Kunst- und Kulturgegenstände, die im Zuge oder als Folge nationalsozialistischer Verfolgung ihren ursprünglichen Eigentümer:innen entzogen worden waren. „Schneidern und Sammeln“, der 2010 erschienene zweite Band der Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung, war etwa das Ergebnis von Leonhard Weidingers intensiver Erforschung und Auseinandersetzung mit der Verfolgungsgeschichte der Familie Rothberger, mit deren Erb:innen er, wie in vielen anderen Fällen, in sehr gutem persönlichem Austausch stand. Dem Porzellanelefanten mit Namen Max der Familie Rothberger widmete Leo auch einen besonders berührenden Text für den Ende 2023 erscheinenden Sammelband anlässlich des 25jährigen Bestehens des Kunstrückgabegesetzes.

Als Leonhard Weidinger zur Kommission für Provenienzforschung gestoßen war, war deren Arbeit noch durchwegs von analogen Zugängen und Praktiken geprägt. Mit seinem multimedialen Knowhow und seinem Interesse an neuen Arbeitsweisen übernahm er eine Schlüsselrolle in der digitalen Transformation der Provenienzforschung. Ohne Scheu vor Konflikten und immer orientiert an der Lösung von Problemen, wurde er zum Wegbereiter dieser neuen, digitalen Provenienzforschung.

Als Urheber und Leiter des Projekts Digitalisierung von Wiener Auktionskatalogen aus der NS-Zeit setzte Leo neue Maßstäbe für viele weitere nationale und internationale Digitalisierungsinitiativen. So zeichnete er für die Konzeption, den Aufbau und die Supervision des Digitalen Archivs der Kommission für Provenienzforschung verantwortlich und war an der Herausgabe der Online-Edition der Zentraldepotkarteien und des Lexikons der österreichischen Provenienzforschung maßgeblich beteiligt. International arbeitete er an der Datenbank German Sales des Getty Research Institutes, an der Konzeption des Datenbank-Prototyps für die Erfassung der Daten zu den Katalogen des Auktionshauses Weinmüller und an zahlreichen weiteren Projekten im deutschsprachigen Raum, insbesondere auch in Zusammenarbeit mit dem Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München.

Es war ihm dabei immer wichtig, sein vielfältiges Wissen weiterzugeben und der Provenienzforschung als Wissenschaftsdisziplin Gehör und Aufmerksamkeit zu verschaffen. Das tat er mit großer Begeisterung in Vorträgen, in der universitären Lehre, als Organisator von fachspezifischen Workshops und Veranstaltungen und als Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen.

Als prägendes Mitglied des Arbeitskreises Provenienzforschung e. V., in dessen Vorstand Leonhard Weidinger von 2014 bis 2018 aktiv war – von 2017 bis 2018 als Vorsitzender – setzte er sich für länderübergreifende Kooperationen und den fachlichen Austausch zwischen Provenienzforscher:innen ein. Durch seine unermüdliche internationale Präsenz hat er damit auch die österreichischen Bemühungen in der NS-bezogenen Kunstrückgabe signifikant sichtbar gemacht.

Wir kannten und schätzten Leo als liebenswürdigen, loyalen, organisierten und scharfsinnigen Freund und Kollegen, der uns immer mit wertvollem Rat zur Seite stand. Seine Liebe zum Detail äußerte sich etwa in einer Leidenschaft am Sammeln und Erheben von Daten, die genauso legendär ist wie seine Freude am Debattieren. Ein „Provenienzforschungsheuriger“ ohne Leo ist nur schwer vorstellbar.

Durch sein Schaffen und Wirken, sein digitales wie analoges Vermächtnis wird Leo in der Provenienzforschung in Österreich und international immer präsent bleiben. Seine Geselligkeit, sein Humor, seine Kreativität, seine Großzügigkeit und die Gespräche mit ihm werden uns unendlich fehlen. Unser Mitgefühl gilt seiner Lebensgefährtin Susanne und seiner gesamten Familie.

 

Kondolenzschreiben können an provenienzforschung@bda.gv.at gerichtet werden. Diese werden nachstehend veröffentlicht.

 

Nachruf Arbeitskreis Provenienzforschung e.V.
Nachruf MAK– Österreichisches Museum für angewandte Kunst
Nachruf Institut für Zeitgeschichte, Universität Wien
Nachruf Deutsches Zentrum Kulturgutverluste

 

Mit Leo Weidinger haben wir einen langjährigen und besonders liebenswürdigen wie engagierten Kollegen verloren. Er hat nicht nur den Arbeitskreis für Provenienzforschung inhaltlich wie mit seiner kollegialen Art geprägt, sondern auch die Provenienzforschung bei uns in Köln. Über zehn Jahre war er ein verlässlicher Partner, der sämtliche an ihn gerichtete Fragestellungen sehr schnell, umfassend und mit weiterführenden Hinweisen beantwortet hat. Seiner immer fundierten Antwort konnte man Vertrauen schenken. Leo war ein Kollege, an dem man sich ausrichten konnte – offen und zugewandt, integer und klar, arbeitsam, anpackend und lebensfroh.
Noch wenige Tage vor seinem Tod beantwortete Leo uns eine Anfrage. Er entschuldigte sich für die Verzögerung, die nur ganz unwesentlich war, und bat in seiner persönlich zurückgenommenen Art um Nachsicht dafür, dass er am Arbeitskreistreffen im September in Berlin nicht teilnehmen könne: „… manchmal klappt es halt nicht.”
Mach’s gut, Leo – wir werden Dich vermissen und sind in Gedanken bei Susanne, der Familie und den Freunden.
Britta Olényi von Husen, Anja Ebert, Marcus Leifeld (Köln)

 

Mit großem Bedauern habe ich von Herrn Weidingers Tod erfahren.
Ich durfte ihn als neugierigen und sehr hilfsbereiten Forscher kennenlernen, der die Diskussion nie scheute und viele gewinnbringende Ratschläge parat hatte.
Mit seinem enormen Fachwissen zur Provenienzforschung unterstütze er mich in meinen Forschungen zu Oscar Bondy. Dafür bin ich ihm zu großem Dank verpflichtet.
Frederike Uhl

 

On behalf of the family of Bertha Gutmann (geb. Rothberger), I am writing to express our profound grief upon hearing of the death of Mag. Leonhard Weidinger.  Leo restored voices, and the power to be heard, to so many.  My family is lucky to have been among those whose lives were forever changed because of his tireless efforts. For this, and for his empathy, compassion, humor, friendship and pioneering work, we will remember him always.
With sincerest condolences to his partner and his family,
Anne Gutmann

 

Mit schwerem Herzen verabschieden wir uns von unserem Kollegen Leonhard Weidinger. An unterschiedlichen Orten sind wir uns immer wieder begegnet. Wir erinnern uns an zahlreiche Momente, in denen Du, Leo, uns ein leidenschaftlicher Mitstreiter, inspirierender Vordenker, scharfsinniger Diskutant, gewitzter Analytiker, aufrichtiger Mensch und ein humoristischer Weggefährte gewesen bist. Du wirst uns sehr fehlen, in unserer Erinnerung werden wir Dich lebendig halten. Unsere Gedanken sind bei Dir und Deiner Familie, der wir unser tiefes Mitgefühl aussprechen.
Hessische Arbeitsgruppe für Provenienzforschung, Rhein/Main:
Maike Brüggen, Jennifer Chrost, Udo Felbinger, Peter Forster, Dorothee Glawe, Anja Heuß, Saskia Johann, Isabel von Klitzing, Günther Kuss, Miriam Olivia Merz, Shammua Maria Mohr, Sven Pabstmann, Iris Schmeisser, Laura Vollmers, Katharina Weiler

 

Sehr geehrte Frau Dr. Hehenberger, sehr verehrte Familie von Leo Weidinger, liebe Kolleg*innen,
der viel zu frühe Tod von Leo bestürzt uns – ich mag es noch nicht fassen; es fällt mir schwer, meine Gedanken in Worte zu fassen. Wenngleich wir seinen langen, als unmenschlich wahrgenommenen Leidensweg über eine lange Zeit gleichsam mit Betroffenheit und der stetigen Hoffnung auf eine wundersame Heilung begleiten mussten. Auch schmerzt es zu wissen, welch Leiden Leo in seinen jungen, dynamischen Jahren ertragen musste, währenddessen er gleichzeitig Herausragendes geleistet hat und noch voller Pläne und Ideen war. Unermüdlich und fortwährend hat er wichtige Forschungsarbeit geleistet, Netzwerke generiert und gepflegt, uns alle und viele Menschen mit seinem Wirken bereichert.
Unvergessen ist mir sein großartiger Vortrag in Berlin anlässlich der Tagung „20 Jahre Washington“. Auf eindrucksvolle Weise demonstrierte Leo hier seinen analytischen, kritischen, kreativen Ansatz. Mit Humor veranschaulichte er Schwächen, Mängel und Desiderate, insbesondere auch die personelle Stellenbesetzung die bundesdeutschen Provenienzforscher*innen betreffend. In meiner Wahrnehmung war seine kluge, kritische Stimme (u.a. neben mir) eine der wenigen, die die Versäumnisse in der Politik so klar öffentlich benannte. Sein Postulat in Berlin seinerzeit lautete u.a.: „1. Definieren und 2. Etablieren“. Leider sind wir diesbezüglich noch nicht sehr viel weiter gekommen.
Leo war ein wesentliches Bindeglied zwischen unserem bundesdeutschen Weinmüller-Forschungsprojekt – welches wir unter der prägenden Federführung von Dr. Meike Hopp in Public-Private-Partnership mit dem Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München (Prof. Dr. Christian Fuhrmeister und Dr. Stephan Klingen) unter der Verantwortung von Prof. Dr. Wolf Tegethoff und der Arbeitsstelle für Provenienzforschung am Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz, vertreten durch Dr. Uwe Hartmann aufgesetzt, gemeinsam entwickelt und gestaltet haben mit der Kooperation mit der österreichischen Kommission für Provenienzforschung, anlässlich der Arisierung des Wiener Auktionshauses Kende durch Weinmüller ab 1938.
Möge die Gewissheit eines reichhaltigen, erfolgreichen, erfüllten Lebens sowie die Erinnerungen an viele gemeinsame Erlebnisse Ihnen Trost in diesen Tagen sein.
Der von der Österreichischen Kommission für Provenienzforschung verfasste Nachruf zeigt mir einmal mehr, was für ein außergewöhnlich talentierter und qualifizierter Mensch Leo war. Er fehlt mir schon jetzt!
Leo wird in seinem Wirken fortleben;  es sei uns Verpflichtung, in seinem Sinne weiterhin zu forschen – unbeirrbar, ergebnisoffen und nach allen Seiten hin kritisch.
Mit stillem Gruß
Katrin Stoll
Geschäftsführerin 
Neumeister Münchener Kunstauktionshaus GmbH & Co. KG

 

Unser Ziel als Provenienzforscher*innen ist es zu versuchen, Lücken in der Provenienzkette eines Objektes zu schließen.
Nicht schließen lässt sich jemals die riesige Lücke, die der viel zu frühe Tod Leo Weidingers hinterlässt. Es ist ein enormer Verlust, der uns traurig und sprachlos macht. Leo Weidinger war für uns vieles: kenntnisreicher Ratgeber, Datenbankmeister, herzlicher und fröhlicher Gesprächspartner, Vorstandsvorsitzender, PREP-Kollege und vor allem ein sympathischer Mensch mit immer mindestens einem offenen Ohr.
Unsere Gedanken und Anteilnahme sind bei seinen Angehörigen.
Barbara Bechter, Katja Lindenau, Carina Merseburger, Claudia Maria Müller, Thomas Rudert
(Staatliche Kunstsammlungen Dresden)

 

Lieber Leo,
immer wieder habe ich an Dich gedacht in den letzten fünf Jahren, nachdem unsere Projektzusammenarbeit am Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München geendet hatte und Du die schlimme Diagnose Deiner Krankheit erhalten hattest. Immer mal wieder haben wir uns dann kurz auf Veranstaltungen gesehen und dann wurde es immer weniger.
Es ist sehr schwer in Worte zu fassen, wie traurig es ist, dass Du nicht mehr unter uns bist. Ich weiß nur, dass Du immer in meinen Gedanken sein wirst, als ein positiver, wunderbarer Mensch, der unserem doch manchmal bedrückendem und trockenem wissenschaftlichen Berufsfeld der Provenienzforschung stets Leben, Humor, Energie, Schwung und Menschlichkeit verliehen hat. Für mich als “junge” Provenienzforscherin warst und bist Du immer ein Anker und Vorbild.
Mein aufrichtiges Beileid gilt Leos Lebensgefährtin Susanne und seiner Familie.
Sophie Kriegenhofer

 

…es ist für mich einfach unvorstellbar, seine Stimme nicht mehr zu hören, wenn wir uns wieder zusammenfinden und uns weiter zu den uns so wichtig bleibenden Themen austauschen – und auch streiten! Meine Gedanken sind bei all jenen, für die Leo sehr viel mehr war als ein äußerst kompetenter Kollege und Weggefährte.
Uwe Hartmann 

 

Wir haben am vergangenen Freitag vom Tod unseres außerordentlich geschätzten Provenienzforscher-Kollegen Leo Weidinger erfahren. Diese Nachricht hat uns sehr traurig gemacht. Wir haben Leo als unermüdlichen Forscher und immer hilfsbereiten Kollegen kennen gelernt, der sich umfassend für die Ziele der Provenienzforschung engagiert hat. Auch seiner wertvollen Arbeit ist es zu verdanken, dass sich die Provenienzforschung entwickeln und als eigene Disziplin etablieren konnte. Sein Tod hinterlässt eine schmerzliche Lücke in der Community. Seiner Lebensgefährtin, seiner Familie und seinen Freundinnen und Freunden möchten wir unser tief empfundenes Beileid ausdrücken. Wir werden Leo sehr vermissen.
Zentrale Stelle für Provenienzforschung Hessen
Udo Felbinger und Miriam Olivia Merz

 

Für Leo
Grün waren wir uns nicht immer.
Ich habe ein Mädchenauge gesetzt.
Wir hatten unsere Momente.
In seiner Blüh wird es daran erinnern.
Katinka

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Provenienzforschung!
Mit großer Traurigkeit haben wir vom Ableben von Leonhard Weidinger erfahren.
Im Namen des Nationalfonds und im Namen aller meiner Mitarbeiter:innen, von denen einige im Laufe der Jahre die Gelegenheit hatten, Leonhard Weidinger persönlich kennenzulernen, möchte ich den Angehörigen und allen, die ihm nahegestanden sind, unser tief empfundenes Beileid und Mitgefühl ausdrücken.
Der berührende Nachruf, mit dem die Kommission für Provenienzforschung Leo Weidingers Leben und Wirken gewürdigt hat, bringt mehr als deutlich die besonderen fachlichen und menschlichen Qualitäten zum Ausdruck, die Leonhard Weidinger ausgezeichnet haben.
Auch wir im Nationalfonds haben sein Engagement, seine Hilfsbereitschaft und seine Expertise immer außerordentlich geschätzt und sind sehr dankbar, dass wir mit ihm über die Jahre immer wieder so fruchtbringend zusammenarbeiten durften. Nicht zuletzt war Leo, wie es eine Kollegin formuliert hat, „ein großer Fan und Förderer unseres Findbuchs, mit dem man wunderbar über Datenbanken philosophieren konnte“.
Leonhard Weidinger hinterlässt eine große Lücke in der Provenienzforschungs -„Community“. Wir werden ihn sehr vermissen und – als Kooperationspartner und als wunderbaren Menschen – in bester Erinnerung behalten.
Mit herzlichen Grüßen,
Prof.in Mag.ª Hannah M. Lessing
Generalsekretärin, Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus

 

Mit dem allzu frühen Tod von Leo Weidinger geht für das MAK und für mich persönlich eine Ära zu Ende. Leo hat mit seiner Übernahme der Provenienzforschung für das MAK hier die Arbeit in ganz neue Bahnen gelenkt, die modernen Mittel der Digitalisierung und Kulturinformatik höchst erfolgreich auf die Untersuchung der MAK Sammlungen angewendet. In seinen fast zwanzig Jahren der Tätigkeit für das MAK und die Kommission für Provenienzforschung hat er unseren Arbeitsbereich im Konzert mit den ProvenienzforscherInnen in Österreich, Deutschland und den Vereinigten Staaten auf eine neue Ebene der wissenschaftlichen Genauigkeit und kulturhistorischen Unterfütterung gehoben. Mit ihm an wissenschaftlichen Artikeln oder Dossiers zu arbeiten war eine reine Freude, denn sein kritischer Blick und seine kluge Einschätzungsfähigkiet führten zu immer konstruktiven Kommentaren und Verbesserungen im Gehalt der Sache.
Es ist noch immer kaum vorstellbar, ohne Leo Provenienzforschung im MAK betreiben zu sollen. Er hat verlässlich viele große „Fälle“ bearbeitet, aber war genauso aufmerksam für den bescheidenen Hausrat, etwa die & 14-Ablieferungen, die er aufzulösen begonnen hat.
Das MAK und ich persönlich werden Leo immer dankbar sein, für die Möglichkeiten zur Rückgabe an die Erbinnen und Erben von Verfolgten, was auch zu berührenden menschlichen Begegnungen anlässlich der Restitutionen geführt hat. Leos humaner Zugang zum Thema Provenienzforschung ohne Eigeninteresse soll auch in Zukunft für uns die Richtschnur der Arbeit am Thema sein.
Mein Mitgefühl gilt Susanne Hehenberger und den Familien
Dr. Rainald Franz
Kustode Sammlung Glas und Keramik
Sammlungsübergreifende und EU-Projekte

Provenienzforschung und Restitution

 

Mit großer Betroffenheit haben die Direktion und die mit Provenienzforschung befassten Mitarbeiter:innen des HGM/MHI vom Tod ihres Kollegen Leonhard Weidinger erfahren. Als langjähriger und leidenschaftlicher Provenienzforscher erwarb er sich nicht nur besondere Verdienste als Angehöriger der Kommission für Provenienzforschung und in der Provenienzforschung am MAK, sondern war auch stets gerne bereit, seine Kolleg:innen aus anderen Institutionen mit seiner reichen Erfahrung und seinem  außerordentlichen Wissen auf dem Gebiet der Provenienzforschung zu unterstützen. Wir, die früheren und aktuellen Provenienzforschenden des HGM/MHI, die Leonhard Weidinger kennenlernen und mit ihm zusammenarbeiten durften, werden ihn in seiner beeindruckenden Hingabe für die Sache, seiner Kompetenz und seiner Aufgeschlossenheit in wertschätzender und dankbarer Erinnerung behalten.
Georg Hoffmann, Direktor HGM/MHI,
Christoph Hatschek, Stefan Kurz und Walter Albrecht für die Provenienzforschung
sowie alle Mitarbeiter:innen des HGM/MHI

 

Lieber Leo,
zunächst nur fragmentarisch zeigte das E-Mailkonto heute Morgen Absender und Betreff an: „Arbeitskreis … Trauer um Le“. Die Ahnung und Befürchtung, dass von Dir die Rede sein könnte, bestätigte sich. Tiefe Betroffenheit und große Trauer machen sich breit. Sehr vielen wird es so gehen, in den nächsten Tagen, Wochen, Monaten…
Ich durfte Dich 2011 in Hannover persönlich kennen lernen. Du sprachst im Panel „Quellen, Methoden, Perspektiven“ über „Provenienzforschung zu Porzellanen“. Zuvor aber behobst Du mit Leichtigkeit und Souveränität ein kleines technisches Kuddelmuddel, das Deine Präsentation zu behindern drohte und dass wir selbst nicht gelöst bekamen. 2015 warst schöner Weise Du es, der meine Aufnahme als Mitglied in den Arbeitskreis Provenienzforschung e.V. bestätigte.
So erlebten wir Dich immer wieder: thematisch unglaublich breit aufgestellt, ganz leichtfüßig und schnell, technisch versiert, klar auf Lösungen ausgerichtet, engagiert, offen, vernetzend. Es war eine große Freude und Bereicherung, Dich zu kennen, zu erleben, mit Dir zu diskutieren, Deine Motivation und Energie zu spüren. Du hinterlässt eine große Lücke. Dein Tod macht sprachlos.
Meine tiefempfundene Anteilnahme gilt Deiner Lebensgefährtin Susanne Hehenberger und Deiner Familie
Regine Dehnel, Staatsbibliothek zu Berlin

 

Die Nachricht vom Tode Leos macht mich sehr betroffen. Mit ihm geht ein immer freundlicher, aufgeschlossener, streitbarer und für die Provenienzforschung unersetzbarer Mensch von uns. Es fehlen einem die Worte diesen Verlust zu beschreiben.
Mein Mitgefühl gilt vor allem auch seiner tapferen Lebensgefährtin, die ihn in dieser schweren Zeit begleitet hat.
Leo – Ruhe in Frieden
Mag. Gerhard Milchram
Kurator, Museen der Stadt Wien, Wien Museum

 

Der Forschungsverbund Provenienzforschung Bayern trauert um Leonhard Weidinger, der am 22. September 2023 an seiner schweren Krankheit gestorben ist.
Der selbständige Historiker war ab 2005 für die österreichische Kommission für Provenienzforschung im MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst in Wien tätig, entfaltete aber bekanntlich zugleich ein breites Spektrum an Aktivitäten, von der Datenredaktion im Projekt German Sales für das Getty Research Institute bis zur Mitgliedschaft im Vorstand des Arbeitskreises Provenienzforschung e.V. (2014 bis 2018, dabei von 2017 bis 2018 Vorsitzender des Vorstands). Nachhaltige Strukturen waren ihm ein persönliches Anliegen; als Mitarbeiter von zwei Projekten im Zentralinstitut für Kunstgeschichte beriet er zudem den Forschungsverbund Provenienzforschung Bayern beim Aufbau eines Ressourcen-Repositoriums. Wir trauern um einen höchst engagierten Kollegen, der sich voller Elan für die Ziele der Provenienzforschung einsetzte – Leo, Du fehlst uns!
Für den FPB
Matthias Weniger (Vorsitzender) und Christian Fuhrmeister (stellvertr. Vorsitzender)

 

It is with the heaviest of hearts that I am sending this email. I was so saddened to learn of Leo’s passing. His mark on the field of provenance research and art restitution will stand as a testament to his skills, knowledge, and menschlichkeit. Please pass long our sincerest condolences to his family and colleagues. May his memory be for a blessing.
With sympathy,
Anna B. Rubin, Esq.
Rebecca Friedman, Esq.
Holocaust Claims Processing Office

 

Für Leonhard Weidinger:
„Plötzlich im Andenken an Leonhard Weidinger, gestern noch nicht, aber heute ist es so. Wissend und nicht wissend. Wissend von seiner Krankheit, aber nicht richtig wie es Ihm wirklich geht. So lange hatte ihm der Krankheit verfolgt, das es fast wie eine „Situation“ bekam, allerdings nicht für diejenigen, die an seinem Bett sassen, seiner Hand gehalten haben, seinem Stirn gekühlt haben bis heute und wir auch diejenigen sind, die tief berührt sind von seiner hingehen, ohne ihm der Hand gehalten zu haben.
Ein grosser Trost ist, für uns, aber mehr für seine Susanne und seiner Familien, dass er weiter lebt, in seiner Geschriften und in unser Gedanke wie der Vorstand der Arbeitskreis ihm so ausführlich Gestalte gibt und auch geben kann. Wie es ist, liegt er mich und uns nah am Herzen, seiner tiefe Leidenschaft, sein Ausdauer und Kenntnis für das Thema das uns allen im Griff hat.“
Christine Koenigs

 

Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen trauern um Leo Weidinger
Die Provenienzforschung ist eine junge Wissenschaft und basiert auf einer relativ kleinen Community, und daher kennen sich die darin tätigen Menschen untereinander sehr gut, ja stehen oft in einem gerade freundschaftlichen Austausch: Denn sie Alle sind durch das Ziel verbunden, einstiges Unrecht soweit möglich aufzudecken und am bestmöglichen Ausgleich mitzuwirken – dieser humane Gedanke leitete auch Leo Weidinger, dessen viel zu früher Tod uns betroffen macht.
Leo Weidinger hat diese Disziplin von Beginn an begleitet und geprägt. Er war ein innovativer, fragender, mahnender und maßgeblich inspirierender Forscher und Kollege. Er hat den Weg der Provenienzforschung in die Digitalisierung schon sehr früh gefordert und mit vielen von uns umgesetzt. Ihm war bewusst, dass die Datenmengen und die weite Streuung der Quellen, die die Provenienzforschung auswertet, dies erfordern.
Im Jahr der Vereinsgründung des Arbeitskreises Provenienzforschung, 2014, gehörte der intensive Austausch mit Leo Weidinger als Vorsitzendem zu den zentralen Terminen der Leitung Provenienzforschung an den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Mit leidenschaftlichem Engagement und hochwillkommener wienerischer Gelassenheit und mit dem entsprechendem Charme führte er den Vorstand zielgerichtet und konsequent.
Im Jahr 2015 ebnete er dem Forschungsverbund Provenienzforschung in Bayern den Weg für ein Digitales Archiv, das er beratend implementierte und das unverändert unserer täglichen Arbeit dient. Im Rahmen seiner kontinuierlichen intensiven Beratertätigkeit berichtete er im Forschungsverbund Provenienzforschung Bayern zuletzt 2021 zu der Thematik des österreichischen Kunstrückgabegesetzes.
Mehr noch ließe sich nennen, was uns mit Leo Weidinger fachlich und menschlich verbindet. Wir werden ihn sehr vermissen und sind in Gedanken bei Susanne Hehenberger und der Familie Weidinger.
In dankendem Gedenken und mit stillen Grüßen:
Bernhard Maaz, Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen,
Andrea Bambi, Leiterin der Abteilung Provenienzforschung
und die Mitarbeiterinnen Theresa Sepp und Anja Zechel

 

Die Mitglieder des österreichischen Kunstrückgabebeirats betrauern den Tod von Leonhard Weidinger. Leonhard Weidinger war seit dem Jahr 2005 für die österreichische Provenienzforschung tätig, eine Vielzahl seiner profund und akribisch recherchierten Forschungsdossiers dienten dem Beirat in den letzten fast 20 Jahren als Grundlage für seine Empfehlungen. Als Forscher war Leonhard Weidinger dafür mitverantwortlich, dass die österreichische Kommission für Provenienzforschung mit von ihm entwickelten Projekten zur steten Professionalisierung der internationalen Forschung beitrug. Leonhard Weidingers Forschergeist, seine Genauigkeit und Kreativität waren Anregung für viele Kolleg:innen, seine Menschlichkeit und sein ehrliches Interesse ermöglichten tiefe Beziehungen nicht nur in der Forschungscommunity, sondern gerade auch zu Nachfahr:innen von NS-Opfern. Wir danken Leonhard Weidinger für sein Engagement im Sinne der österreichischen Kunstrückgabe und drücken seiner Lebensgefährtin Susanne und der gesamten Familie unser tiefes Mitgefühl aus.
Clemens Jabloner und Birgit Kirchmayr im Namen des gesamten österreichischen Kunstrückgabebeirats

 

Lieber Leo,
ich sehe Dich vor meinem inneren Augen bei den intensiven Tagungen des Arbeitskreises Provenienzforschung im Auditorium sitzend, mit dem Laptop auf Deinem Schoß. Du folgst den Vorträgen und Diskussionen und schaffst es zeitgleich, Datenberge zu bearbeiten, zu bereinigen, hin- und her zu kopieren… Daten, die in maßgebliche Datenbanken eingespeist wurden, die für uns alle Provenienzforscher*innen, Wissenschaftler*innen so grundlegend unsere Arbeit erleichtert haben und erleichtern – Du hast Dir damit quasi ein dauerndes Vermächtnis geschaffen. Ich werde sicher bei vielen dieser Datenbankrecherchen an Dich denken. Trotz der vielen Arbeit, die mancher als Last empfunden hätte, warst Du immer frohgemut, lebhaft, lebens- und genussfreudig, diskussionsfreudig, aber nie unfreundlich, doch dezidiert in der Sache, einfach positiv lebendig, anregend und kollegial. Auch in unserer gemeinsamen Zeit im Vorstand des Arbeitskreises Provenienzforschung e.V. ging es lebendig zu, auch nach freundlich ausgetauschten unterschiedlichen Meinungsverschiedenheiten kamen wir immer wieder fröhlich zusammen. Auch wenn unsere Begegnungen in den letzten Jahren rarer geworden waren, warst Du bei den wenigen immer sofort präsent, ansprechbar, zugewandt. Du warst ein Freund – einer der im Inneren bleiben wird – Ich danke Dir herzlich hierfür!
Liebe Susi, meine Anteilnahme gilt Dir und allen Angehörigen.
Ute Haug, Hamburger Kunsthalle

 

Ich bin durch den frühen Tod von meinem lieben Freund und Kollegen Leonhard Weidinger erschüttert. Unsere Zusammenarbeit zählt zu den besten Zeiten meines Lebens. Für seine Hilfe und Unterstützung bei den Forschungen zur Kunstsammlung meines Grossvaters Willibald Duschnitz bin ich ihm äusserst dankbar … und für alle anderen guten gemeinsamen Zeiten.
Prof. Dr. Harold Chipman

 

Lieber Leo!
Auch ich durfte seit vielen Jahren mit dir verschiedene wissenschaftliche Projekte stemmen: sehr früh haben wir gemeinsam mit anderen die Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung ins Leben gerufen, deren Bände du durch deine graphische Gestaltung auch ästhetisch geprägt hast. Wir sind sehr dankbar, dass wir dich noch für einen Beitrag zum Wiener Kunsthandel ab 1938 für den 300 Jahre-Band des Belvedere gewinnen konnten.
Bis zuletzt brennend für die Wissenschaft, geistreich, witzig, unbeirrbar und im positiven Sinne streitbar hast du insbesondere die digitale Provenienzforschung nicht nur in Österreich ganz wesentlich geprägt und vorangetrieben. Es ist für mich unvorstellbar, dich nicht mehr „schnell“ anrufen zu können – du hast immer kollegial und uneigennützig dein profundes Wissen und deine unzähligen Daten und Digitalisate zur Verfügung gestellt. Der menschliche und wissenschaftliche Austausch mit dir Leo wird mir sehr fehlen.
In Dankbarkeit und aufrichtigem Respekt für deinen tapferen Kampf gegen die heimtückische Krankheit gilt meine traurige Anteilnahme Susi und deiner Familie.
Monika Mayer, Belvedere

 

Wir möchten Ihnen unser tief empfundenes Beileid zum Tod von Leonhard Weidinger aussprechen. Herr Weidingers unermüdlicher Einsatz hat unsere Arbeit für die Überlebenden des Holocaust und ihr kulturelles Erbe stets ungemein bereichert.
Hochachtungsvoll,
Dr. Wesley Fisher und Dr. Ruth Jolanda Weinberger
im Namen der Claims Conferene und der WJRO

 

LeonhardWeidinger